Ökologische Optimierung der Produktion und energetischen Nutzung von Biomasse
Leitung: | Prof. Dr. Michael Rode; PD Dr. Helga Kanning |
Team: | Dipl.-Ing. Nina Buhr; Dipl.-Ing. Katharina Steinkraus; Dipl.-Ing. Julia Wiehe |
Jahr: | 2009 |
Förderung: | Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Volkswagen AG, Land Niedersachsen |
Laufzeit: | März 2006 - Juli 2009 |
Ist abgeschlossen: | ja |
Kurzbeschreibung:
Ein Verbundprojekt des Instituts für Umweltplanung (IUP) und dem Leibniz-Institut für Agrartechnik, Potsdam-Bornim (ATB). Das Projekt wird durch Mittel der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und im Rahmen der VW / Länder-Kooperation "Biomasse für SunFuel" von der Volkswagen AG und dem Land Niedersachsen gefördert.
Das Projekt kooperiert darüber hinaus mit allen Partnern der VW / Länder-Kooperation "Biomasse für SunFuel", mit dem Verbundprojekt "Erarbeitung von Strategien zur naturverträglichen Biomassebereitstellung auf Landkreisebene" des Lehrstuhls für Wirtschaftslehre des Landbaues der Technische Universität München und den Fachgebieten für Landschaftsplanung und Geoinformationsverarbeitung in der Landschafts- und Umweltplanung der Technischen Universität Berlin, sowie mit weiteren themenverwandten Projekten.
Natur- und raumverträglicher Ausbau energetischer Biomassepfade (SUNREG II)
Zusammenfassung der Ergebnisse, erschienen in:
Rode, M.W., Kanning, H. 2010 (Hrsg.): Natur- und raumverträglicher Ausbau energetischer Biomassepfade. Ibidem-Verlag, Stuttgart: 296 S.
Die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern wird aus klima- und energiepolitischen Gründen seit einigen Jahren intensiv gefördert. Mit verschiedenen Anreizinstrumenten sollen ihre Entwicklung und die Marktfähigkeit verbessert werden. Dabei hat vor allem die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2004 zu einem Boom landwirtschaftlicher Biogasanlagen und der energetischen Verwertung von Biomasse geführt. Auch für den Kraftstoffsektor wurden durch das Biokraftstoffquotengesetz (BioKraftQuG) Ausbauziele festgelegt, die dazu führen sollen, den Anteil der Biokraftstoffe weiter auszubauen (vgl. Kap. 1).
Die dadurch verstärkte energetische Nutzung von Biomasse ruft insbesondere bei der Produktion von Biogas und zukünftig auch bei der Produktion von BtL (Biomass-to-Liquid; Biokraftstoff) naturraum-, regions- und akteursspezifische Wechselwirkungen hervor.
An dieser Stelle setzt das Forschungsprojekt „Ökologische Optimierung der Produktion und energetischen Nutzung von Biomasse – Natur- und raumverträglicher Ausbau energetischer Biomassepfade (SUNREG II)“ an. In drei Analysesträngen werden die Auswirkungen der Biomassepfade Biogas und BtL auf Natur und Landschaft, auf andere Raumnutzungen sowie die Akteurskonstellationen und -interaktionen untersucht und bewertet, um problemspezifische Handlungsanleitungen für einen natur- und raumverträglichen Ausbau der energetischen Biomassenutzung zu entwickeln (vgl. Kap. 1 & 2). Die größten Auswirkungen des Ausbaus der energetischen Biomassepfade auf den Naturhaushalt entstehen in der Prozesskettenphase der Biomasseproduktion bzw. durch den Anbau von Energiepflanzen. Derzeit werden in Niedersachsen vorrangig bekannte Ackerfrüchte wie Mais und Getreide für die Biogasproduktion verwendet, sodass sich die Wirkungen der Ackerfrüchte des Energiepflanzenanbaus nur in wenigen Faktoren von den bisherigen Anbauverfahren der Nahrungs- und Futtermittelproduktion unterscheiden. Auf der Ebene des landwirtschaftlichen Schlages sind damit keine bedeutenden Veränderungen in der Wirkung der landwirtschaftlichen Produktion, positiver oder negativer Art, erkennbar.
Die Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus zeigen sich jedoch auf der Landschaftsebene durch veränderte Fruchtfolgen und Flächenanteile. Beide Biomassepfade wirken ähnlich, indem es durch die Ausrichtung der landwirtschaftlichen Produktion auf das jeweils gewünschte Eingangssubstrat der jeweiligen Anlage zu einer Reduzierung der Kulturartendiversität kommen kann (vgl. Kap. 3).
Auf der regionalen Ebene sind vor allem die Auswirkungen auf andere Raumnutzungen von Bedeutung, also die Auswirkungen der möglicherweise veränderten Funktionen des Naturhaushaltes auf weitere Nutzungsmöglichkeiten bzw. -qualitäten. Konfliktpotenziale ergeben sich insbesondere durch Flächen- und Nutzungskonkurrenzen, z. B. über die Beeinflussung des Hochwasserabflusses, der Grundwasserqualität und -menge sowie der Beeinträchtigung der Erholungs- und der Wohnqualität.
Die Raumplanung ist im Rahmen einer nachhaltigen und raumverträglichen Energieversorgung stärker gefordert zur Lösung und Koordinierung dieser potenziellen Zielkonflikte beizutragen. In Niedersachsen finden raumplanerische Instrumente für den Energiesektor bisher kaum Anwendung, gleiches gilt für Abstimmungen mit anderen Raumnutzungen. Möglichkeiten zur allgemeinverbindlichen Sicherung der Nutzungsansprüche und Schutzinteressen gegenüber den Wirkungen der Biomasseproduktion bieten auf der Betroffenenseite lediglich die fachrechtlichen Schutzgebietskategorien, z. B. Wasserschutzgebiete etc. (vgl. Kap. 4).
Neben der formellen planerischen Einflussnahme sind eine informelle strategische Vorgehensweise und ein proaktiver Umgang mit Problemen und Konflikten entscheidend für einen raumverträglichen Ausbau energetischer Biomassepfade. Der wichtigste Faktor sind dabei die an dem Handlungsfeld beteiligten Akteure. Sind die Akteure, ihre Interessen sowie eventuelle Konflikte bekannt, kann dieses als eine Grundlage für ein gemeinsames Vorgehen auf regionaler Ebene dienen. Ein solcher Prozess kann helfen, die vorhandenen
energetischen Biomassepotenziale mit den regionalen Akteuren nachhaltig auszubauen und einen Beitrag zur nachhaltigen Regionalentwicklung zu leisten. In einigen niedersächsischen Landkreisen haben sich bereits erfolgreich Initiativen gegründet, um solch einen Prozess zu initiieren und die Aktivitäten zum Ausbau der energetischen Biomassenutzung zu koordinieren. Dazu braucht eine Region ein entsprechendes Leitbild, die Kooperation relevanter Akteure und eine gefestigte Organisationsstruktur, die finanzielle Unterstützung erhält (vgl. Kap. 5).
Auch wenn beide Biomassepfade mit negativen Auswirkungen auf den Naturhaushalt und auf andere Raumnutzungen verbunden sein können, hat das dezentrale System der Biogaserzeugung in allen Phasen der Prozesskette Vorteile gegenüber der zentralisierten BtL-Produktion. Die Auswirkungen aller Phasen der Prozessketten, ausgehend von der Bewirtschaftung der Produktionsflächen und den Standorten der Anlagen, können flexibler auf die spezifischen Empfindlichkeiten der jeweiligen Region abgestimmt werden, um Beeinträchtigungen des Naturhaushalts zu vermeiden bzw. zu reduzieren, die regionalen Biomassepotenziale im Einklang mit den Belangen anderer Raumnutzungen auszubauen und darüber hinaus zur regionalen Wertschöpfung beizutragen.
Um die vorhandenen Biomassepotenziale dauerhaft im Sinne einer nachhaltigen Energieversorgung und Regionalentwicklung zu erschließen, müssen positive und negative Wirkungen der Biomassepfade sowie potenzielle Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden.
Vor diesem Hintergrund sind Handlungsempfehlungen zur Förderung eines natur- und raumverträglichen Ausbaus der energetischen Biomassenutzung für unterschiedliche Akteursgruppen zu folgenden wesentlichen Wirkkomplexen bzw. Problemfeldern der Biogasproduktion und -nutzung entwickelt worden:
- Bodenerosion
- Bodenverdichtung
- Grundwasserqualität und -menge
- Arten und Biotope
- Hochwasserabfluss
- Erholungsqualität
sowie akteurs- und prozessbezogen
- Akteure des Biogaspfades (Akteursmodell)
- Kriterien zur erfolgreichen Gestaltung natur- und raumverträglicher Biomassepfade
- Konfliktmanagement im Handlungsfeld der energetischen Nutzung von Biomasse.
Steckbriefartig werden für jeden Wirkkomplex die Wirkungszusammenhänge und mögliche Konflikte zwischen den Akteuren dargestellt sowie Vermeidungsstrategien aufgezeigt (vgl. Kap. 7). Da die Raumanalysen zu den Wirkkomplexen der Biomasseproduktion in wesentlichen Teilen vergleichend zur Produktion von Lebens- und Futtermitteln durchgeführt wurden, können die hierzu erarbeiteten Erfassungs- und Bewertungsmethoden, Ergebnisse und Empfehlungen grundlegend auf diese Bereiche übertragen werden.
Für eine planerische Steuerung und Koordinierung der energetischen Nutzung von Biomasse sollten insbesondere die Instrumente der Raumplanung, der Landschaftsplanung und anderer raumwirksamer Fachplanungen sowie informelle umweltpolitische Instrumente genutzt werden. Vor allem auf kommunaler und regionaler Ebene bedarf es einer interdisziplinären und vorausschauenden Standortplanung, die idealerweise die benötigten Produktionsflächen einschließt (vgl. Kap. 6 & 7).