Institut für Umweltplanung Forschung Forschungsprojekte
INTERREG IIIA-Pilotprojekt "Grenzübergreifendes Wallheckenkonzept"

INTERREG IIIA-Pilotprojekt "Grenzübergreifendes Wallheckenkonzept"

Leitung:  Prof. Dr. Hans Herrmann Wöbse, Dipl.-Ing. Roswitha Kirsch-Stracke
Team:  Dipl.-Ing. Julia Wiehe
Jahr:  2006
Förderung:  INTERREG-IIIA aus Mitteln des europäischen Strukturfonds für Regionale Entwicklung, Wirtschaftsministerium des Landes Niedersachsen, Landkreis Grafschaft Bentheim und Provinz Overijssel
Laufzeit:  Juni 2003 - Mai 2006
Ist abgeschlossen:  ja

Kurzbeschreibung
Was sind Wallhecken? Welche Funktionen übernehmen sie in der Landschaft und welche Bedeutung haben sie für ihre Besitzer? Wie werden Wallhecken in Niedersachsen und wie in den Niederlanden geschützt und gepflegt, und welche europäischen Fördermöglichkeiten können genutzt werden?
Diese Fragen waren im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des INTERREG-IIIA-Projekts „Grenzübergreifendes Wallheckenkonzept“ für den Landkreis Grafschaft Bentheim und die Provincie Overijssel zu beantworten. Die Forschungsergebnisse münden in ein Förderprogramm zur Wallheckenpflege im Landkreis Grafschaft Bentheim sowie in Vorschlägen zur Verwertung des Wallheckenschnittgutes und zur weiteren grenzübergreifenden deutsch-niederländischen Zusammenarbeit.

Hintergrund
Wallhecken sind historische Landschaftselemente, nach dem Nieder­sächsischen Naturschutzgesetz definiert als „mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Wälle, die der Einfriedung dienen oder dienten“ (§ 33 NNatG). Vor allem im Mittelalter wurden sie in Nordwesteuropa im Rahmen der landwirtschaftlichen Nutzung angelegt und über Jahrhunderte kontinuierlich instand gehalten. Bis heute haben Wallhecken wichtige ökologische, ökonomische und landschaftsästhetische Funktionen.
Die nachlassende Nutzung und Pflege durch die Eigentümer, die Intensivierung der Landwirtschaft sowie der Flächenverbrauch durch den Straßen- und Siedlungsbau führten jedoch in den letzten 100 Jahren in Deutschland wie in den Niederlanden zur Überalterung und zum Verlust von Wallhecken. Bei den Eigentümern besteht zwar auch heute noch ein grundsätzliches Interesse an der Erhaltung ihrer traditionellen Kulturlandschaft, die regelmäßige Wallheckenpflege stellt aber eine zusätzliche, derzeit nicht gewinnbringende Arbeitsbelastung dar. Deshalb ist es auf deutscher wie niederländischer Seite zu einer wichtigen öffentlichen Aufgabe geworden, den Wallheckenbestand nachhaltig zu sichern und zu nutzen.

Das Projekt und seine Ergebnisse
In der EUREGIO haben sich der Landkreis Grafschaft Bentheim und die Provinz Overijssel in einem dreijährigen INTERREG-IIIA-Projekt (2003-2006) zusammengetan. Das Institut für Um­weltplanung der Leibniz Universität Hannover übernahm die wissenschaftliche Begleitforschung.
In der niederländischen Provinz Overijssel existiert seit 1996 das so genannte Landschapszorgsysteem, mit dem auch die Pflege von Wallhecken gefördert wird. In der Grafschaft Bentheim gab es keine öffentliche Förderung, so dass die Pflege nur unvollständig und unregelmäßig durchgeführt wurde. Ziel des INTERREG-IIIA-Projektes war es, die Pflege und Entwicklung des Wallheckenbestandes im Grenzgebiet unter Berücksichtigung der unterschiedlichen nationalen Rahmenbedingungen aufeinander abzustimmen und zu verbessern. Dazu wurde das Landschapszorgsysteem der Provinz
Overijssel evaluiert und für den Landkreis Grafschaft Bentheim erstmals ein Förderkonzept zur langfristigen Sicherung und Pflege der Wallhecken entwickelt.
Die Gegenüberstellung der planerischen und politischen Instrumente zur Umsetzung des Wallheckenschutzes in Deutschland und den Niederlanden hat gezeigt, dass diese sehr unterschiedlich ausgestaltet sind, obwohl in beiden Mitgliedsstaaten die Vorgaben und Förderinstrumente der Europäischen Union zum Natur- und Umweltschutz das Grundgerüst bilden. Während in der Provinz Overijssel bereits konkrete Planungen zum Biotopverbund und zur Erhaltung der Kulturlandschaft vorliegen, haben die Aussagen der Planwerke in der Grafschaft Bentheim eher Zielcharakter.
Um gemeinsame Handlungsanweisungen für den Umgang mit Wall­hecken entwickeln zu können, wurde im Rahmen der Begleitforschung eine Methode zur Bewertung des Wallheckenbestandes erarbeitet und in einem grenzübergreifenden Pilotgebiet angewendet. Auf diese Weise sind Landschaftsteilräume identifiziert worden, in denen vorrangig der Schutz der Wallhecken erfolgen soll, sowie solche, in denen ihre Entwicklung Vorrang hat. In jedem der 13 Teilräume wurden sowohl die Funktion des Wall­heckenbestandes für das Landschaftserleben als auch die Funktion als Lebensraum für Flora und Fauna beurteilt.
Die anschließende Evaluation bestehender Wallheckenförderprogramme in den Niederlanden und in Deutschland diente als Grundlage für die Entwicklung eines Förderkonzepts für die Grafschaft Bentheim. Das niederländische Landschapszorgsysteem wurde im Rahmen einer Befragung von den Teilnehmenden positiv bewertet. Die Unterhaltung der Wallhecken erfolgt durch einen Landschaftspflegeverband und wird staatlich finanziert, so dass für die Eigentümer keine zusätzlichen Arbeiten oder Kosten entstehen. Die gepflegten Hecken verändern das Landschaftsbild aus Sicht der Eigentümer positiv.
Aus der Evaluation der deutschen Wallheckenförderprogramme wurden drei Organisationsmodelle der Wallheckenpflege abgeleitet. Im Modell „Gesamtkonzept Behörde“ liegen die Auswahl der zu pflegenden Hecken und die Durchführung der Maßnahmen in der Hand der zuständigen Fachbehörde. Im Modell „Gesamtkonzept mit Eigentümer“, ähnlich dem Landschapszorgsysteem, stellen die Eigentümer einen Antrag auf finanzielle Unterstützung, die Pflegemaßnahmen müssen sie aber nicht selbst durchführen. Im Modell „Einzelförderung“ stellen die Eigentümer ebenfalls eigenständig die Anträge auf Förderung; bei Genehmigung des Zuschusses führen sie die Pflegemaßnahmen selbstständig durch. Parallel zur Evaluation wurden die Wallheckeneigentümer in einem grenzübergreifenden Pilotgebiet über ihre Wünsche an ein Förderprogramm befragt.
Auf dieser Basis entstand für die Grafschaft Bentheim ein Förderprogramm nach dem Modell der Einzelförderung, welches in einer zweijährigen Umsetzungsphase auf seine Anwendbarkeit in der Praxis getestet wurde. Dabei wurden sechs Kilometer Wallhecken gepflegt oder neu angelegt. Der Zuschuss zu den Pflegekosten betrug rund 20 Prozent.
Die Teilnehmenden haben das Förderprogramm in einer abschließenden Evaluation positiv bewertet. Ihre Anregungen sind ebenso wie die der nicht teilnehmenden Wallheckeneigentümer in die endgültige Fassung der Förderrichtlinie eingeflossen. Die überarbeitete Richtlinie kann nun im gesamten Landkreis Grafschaft Bentheim angewendet werden.
Neben dem Förderprogramm dienen weitere Bausteine zur Reduzierung der Pflegekosten für die Eigentümer: Das bei der Pflege anfallende Holz kann auf verschiedene Art genutzt werden. Darüber hinaus können Landwirte in Deutschland seit der Agrarreform die Flächenprämie der Europäischen Union auch für die mit Wallhecken bestandene Fläche in Anspruch nehmen.

Ausblick
Damit beide Förderprogramme zukünftig bestehen bleiben können, müssen zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden. So bietet sich eine weitere deutsch-niederländische Zusammenarbeit bei der energetischen Verwertung des Wallheckenschnittgutes in der EUREGIO an. Hierfür könnten Förder­möglich­keiten der Europäischen Union im Bereich der erneuer­baren Energien genutzt werden. Wallheckenschutz entwickelt sich von der reinen Naturschutzaufgabe zum perspektivenreichen Beitrag einer nachhaltigen regionalen Entwicklung.

 

Abschlussbericht

 

Veröffentlichungen und weitere Informationen
Wiehe, Julia & Kirsch-Stracke, Roswitha (2007): Wallhecken in der Euregio – Wege zur Erhaltung kulturhistorischer Landschaftselemente. Verlag Margraf

Broschüre "Blickpunkt Wallhecke"